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Kurse für Texten + Schreibstil



Lernen Sie so brillant schreiben wie die Journalisten.


Die Sprache bietet unendlich viele Möglichkeiten, sich auszudrücken. Und missverstanden zu werden!

Die grammatikalischen Regeln einzuhalten, ist nicht so schwer. Anspruchsvoller ist es, die Botschaft auf den Punkt zu bringen.

Aufmerksamkeit erlangen mit Briefen und Mailings: Dieser bewährte und erfolgversprechende Weg führt nur dann zum Erfolg, wenn stilsichere Texte den richtigen Ton treffen.

Üben Sie sich doch wieder einmal darin in einem unserer Kurse.

Geschmacklose Metaphern

«Schon könnte der nächste FPÖ-Kopf rollen», stand vor Kurzem im Zürcher Tages-Anzeiger. Rund einmal pro Woche lese oder höre ich in irgendeinem Medium etwas von einem «Köpferollen». Sei’s, dass ein Köpferollen in einem Unternehmen, bei einer Organisation oder in der Politik beschrieben, sei’s dass es sogar gefordert wird. Man stelle sich die Metapher einmal bildhaft vor: Wie der Kopf eines Menschen mit der humanitären Erfindung des Dr Guillotin, oder von einem Scharia-Henker vom Rumpf abgetrennt wird und dann munter davon rollt, derweil aus dem Hals … – die Brutalität und Geschmacklosigkeit dieses Sprachbildes wird einem dann vielleicht deutlich bewusst. Der Tages-Anzeiger hat auf die Formulierung kein Monopol: Dass der Blick sie häufig verwendet, erwartet man, aber auch in der NZZ hat sie wacker Konjunktur und in Nachrichtensendungen an Radio und Fernsehen ist sie ebenso oft zu hören.

Ich staune über das abgestumpfte Sprachgefühl von Journalistinnen und Journalisten. Die Todesstrafe ist in den meisten zivilisierten Ländern abgeschafft und Exekutionen als Volksspektakel gibt es nur noch in einigen islamischen Ländern und China. In Zeiten, in denen sich der IS damit brüstete, immer wieder Köpfe von Ungläubigen abzutrennen, die blutigen Bilder davon als Eigenwerbung ins Internet stellte und dies auch an Journalisten praktizierte, hätte man erwartet, dass den Medienleuten vielleicht ein Licht aufginge und sie auf schreckliche Formulierungen wie «endlich rollen bei (…) Köpfe» oder «jetzt muss der Kopf von (…) rollen» verzichten. Doch weit gefehlt.

Da ereifern sich Schreiber/innen darüber, ob das Adjektiv «dämlich», das notabene nichts mit «Dame» zu tun hat, politisch korrekt sei oder ob Kinder das Lied «Lustig ist das Zigeunerleben» noch singen dürfen. Im Englischen muss man eine fettleibige Person «horizontally challenged» nennen und eine kleinwüchsige «vertically challenged». Doch gegen die rollenden Köpfe habe ich noch nie jemanden anschreiben sehen. Immer noch zieren sie Schlagzeilen und würzen Texte.

Es gibt wirklich eine Reihe von Metaphern, die einfach nicht mehr verwendet werden dürfen, weil sie andere Menschen verletzen können, historisch belastet oder einfach geschmack- und taktlos sind.

  Etwas «bis zur Vergasung» tun, können nur Auschwitz-Leugner. Die Schweizer Armee verhinderte bis in die Achtzigerjahre nicht, dass ihre Angehörigen von «gestampftem Juden» sprachen, wenn ihnen Corned Beef aufgetischt wurde. In meiner Kindheit – und auch später noch – hiess es, es gehe zu und her «wie in einer Judenschule», wenn eine Klasse etwas laut oder unruhig war. Der St. Galler Schriftsteller Niklaus Meienberg verwendete in seiner deftigen Sprache u.a. immer wieder das Wort «hinterfotzig» für «gemein, hinterlistig». Das Adjektiv meines Freundes war mir in jungen Jahren nicht besonders aufgefallen, bis mich meine Partnerin fragte, ob mir eigentlich bewusst sei, was es ausdruckte. Gipser und Maurer verwenden eine kleine Schale aus Kautschuk, um geringe Mengen an Gips oder Mörtel zu verarbeiten. Das flexible Ding nennen sie «Gummifutz» – ein Wort, das sie wohl vor ihrer Freundin nicht in den Mund nehmen würden.

Metaphern, Wortbilder und Vergleiche können historisch vorbelastet sein. Als ich 1991 als Leiter Unternehmenskommunikation in die Swissair eintrat, sagte mir mein Vorgesetzter zum hektisch angegangenen, ständigen Veränderungsirrlauf: «In zehn Jahren werden Sie die Swissair nicht wiedererkennen.» Dem Mann, der mit mehr Ehrgeiz als Feingefühl gesegnet war, war nicht bewusst, dass der Satz historisch überliefert war: «Gebt mir zehn Jahre Zeit und ihr werdet Deutschland nicht wiedererkennen.» Der das in Aussicht stellte, war ein gewisser Adolf Hitler zum Ermächtigungsgesetz am 24. März 1933. Er brauchte etwas mehr als 10 Jahre, um sein Versprechen zu erfüllen: bis zum 9. Mai 1945. Was aus der «Welthauptstadt Germania» seines Generalbauinspektors für die Neugestaltung der Reichshauptstadt Albert Speer wurde, weiss man. Die Swissair hielt den Termin ein: 2001 lag sie in Trümmern.

Gegen eine farbige, «saftige», manchmal auch etwas derbe Sprache ist nichts einzuwenden. Sie kann Leselust wecken und ist einem Text, was Gewürze einer Speise. Aber ebenso wie man den Geschmack einer Speise durch falsche Gewürze verderben kann, tun geschmacklose Metaphern oder peinliche Vergleiche einem Text keine Ehre. Das sollten Schreiberköpfe sich auch ohne Köpferollen merken.


Pierre Freimüller
Geschäftsleiter appunto communications

     

appunto communications, Hadlaubstrasse 80, CH-8006 Zürich, Schweiz, Tel. +41 44 363 03 03